Beschleunigung

Beschleunigung

Beschleunigung - Immer schneller

„I want it all and I want it now – Ich will alles und will es jetzt“ sang einst die Band Queen. 

Ist das das moderne Lebensgefühl, dass Menschen immer mehr und alles immer 

schneller brauchen?  

„Steigerungslogik“ und „Reichweitenvergrößerung" wird dies von dem Soziologen Hartmut Rosa genannt. So muss dann alles immer schneller gehen. Unsere Welt in der Arbeit und Freizeit beschleunigt sich.

„Unablässig versucht der moderne Mensch, die Welt in Reichweite zu bringen: sie ökonomisch verfügbar und technisch beherrschbar, wissenschaftlich erkennbar und politisch steuerbar [..] zu machen“. Schon von Kindesbeinen an sehnt sich der Mensch nach Ausdehnung, also der Vergrößerung seiner Reichweite, die er möglichst selbstbestimmt wahrnehmen will. 

Da wird das Krabbeln zum Erfolg, aber dann ist Laufen besser, danach das Fahrrad und dann das Auto. Schließlich kann man dann mit dem Flugzeug die größte Reichweite erzielen.  

Genauso kann man aber auch Reichweite dadurch erreichen, indem man alles Erstrebenswerte in seine Nähe bringt. Man zieht in eine Großstadt, denn da ist alles nah, was man braucht. Und man schafft sich ein Smartphone an. Da hat man das „world wide web“ immer bei sich und alle Musiktitel, die man sich nur wünschen kann.

Die Beschleunigung betrifft laut dem Soziologen Hartmut Rosa nicht nur die Technik, sondern auch den sozialen Wandel und unser Lebenstempo. Letztendlich ist für ihn das Bedürfnis, dass alles immer schneller gehen muss, auch einer der wesentlichen Faktoren für die Klimakrise.

Beschleunigung im Kopf - Dauerstress?

Was macht das rasante Tempo der Arbeits- und Lebenswelt in unseren Köpfen? Die Kapazität unseres Gehirns ist begrenzt, so viel ist sicher. Und schon sehr viele Menschen berichten von “rasenden Gedanken”, einem Karussell im Kopf, das sich nicht abstellen lässt.

Der erfolgreiche  Skispringer Sven Hannawald hatte einen Burnout, der seine Karriere beendete. Er berichtet von seiner Zeit vor seinem Zusammenbruch auf die Frage  “Wann haben Sie gemerkt, dass der Druck zu viel wurde?”:  “Das war ein schleichender Prozess und fing schon vor meiner Supersaison Ende 2001 an. Ich fühlte mich dauernd müde. Meinem Körper habe ich Pausen gegönnt, aber in meinem Kopf ging es 24 Stunden am Tag, an sieben Tage der Woche ums Skispringen. Auf der Heimfahrt von einem Wettkampf habe ich schon an den nächsten gedacht.”

Es wird nichts helfen - wenn alles um uns herum Ablenkung bewirkt und Aufmerksamkeit frisst, müssen wir zum einen lernen, die Aufmerksamkeit wieder auf uns selbst zu richten. Meditation ist da sehr wirksam.  Es ist wohl ebenfalls hilfreich, in Bedingungen einzutauchen, die ihr Tempo seit Menschengedenken nicht verändert haben: Die Natur mit ihren Jahreszeiten beispielsweise.  Nachweislich ist auch der kurze Aufenthalt im Wald oder am Meer wohltuend für den Kopf, also die mentale Gesundheit. Wenn wir denn eine Platz suchen, der nicht so trubelig ist und es dort auch auszuhalten. Denn dem Gedanken “Ich will alles, und ich will es jetzt" ist nicht leicht zu widerstehen. 

Das wusste schon der Dichter Wilhelm Busch. Er karikiert in seiner Geschichte der beiden Hunde “Plisch und Plum” einen Engländer namens Mister Pief. Dem ist nicht genug in der Natur zu wandern, sondern er muß dabei auch durch ein Fernrohr gucken. Seine Begründung: “Schön ist es auch anderswo, und hier bin ich sowieso”. Das, was seine “Reichweite” so vergrößert, führt leider dazu, dass er  einen kleinen Teich vor seinen Füßen nicht sieht und hineinfällt. Ein schönes Bild aus dem 19. Jahrhundert für “Multitasking”, das Bedürfnis vieles, wenn nicht alles gleichzeitig tun und  haben zu wollen.

Autor: Michael Postzich

Quellen:

Rosa, Hartmut (2021): Unverfügbarkeit. 2. Aufl. München: Suhrkamp (suhrkamp taschenbuch, 5100).

https://www.zeit.de/2018/52/schnelligkeit-digitalisierung-wachstum-beschleunigung-technik-stress

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