Kinder in Krisenzeiten

Kinder in Krisenzeiten

Kinder und Jugendliche in Krisenzeiten unterstützen

Die Corona Pandemie neigt sich vermutlich dem Ende zu. Gerade aber im Blick auf Kinder und Jugendliche bleibt noch viel zu tun, vor allem deshalb, weil viel versäumt wurde im Blick auf die mentale Gesundheit und Kindern und Jugendlichen.

Der Deutsche  Ethikrat formuliert in einer Stellungnahme im November 2022: “Die Gesellschaft ist Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsene bislang vieles schuldig geblieben. Dazu gehört auch das ausdrückliche Eingeständnis, dass in der Pandemie die Belange und Belastungen der jüngeren Generationen und insbesondere die Herausforderungen für ihre psychische Gesundheit in der gesellschaftlichen und politischen Wahrnehmung und Gestaltung – auch durch den Deutschen Ethikrat – nicht ausreichend Beachtung erfahren haben. Dieses Versäumnis muss zum Anlass genommen werden, zukünftig die Belange der Jüngeren stärker zu gewichten.”

Als Menschen suchen wir nach Beständigkeit - ein sicheres Zuhause, einen festen Ablauf in unseren Aufgaben, und der Möglichkeit, im Voraus zu planen. Covid 19 hat uns einige Möglichkeiten genommen. Die Pandemie hat uns tief in unserer Zuversicht getroffen. Üblicherweise gingen wir davon aus, dass für uns alles verfügbar ist, was wir wirklich brauchen. Und nun ist das anders. Das ruft Angst hervor. Es ist schwer, zu planen, sei es der nächste Urlaub, die Hochzeit oder eine Abschlussparty. “Mal schauen, wie es dann aussieht und wie die Inzidenz ist”, dieser Gedanke macht uns nicht gerade zuversichtlich und hoffnungsfroh.

In solchen Krisen widerstandsfähig zu bleiben fällt schon Erwachsenen schwer. Aber gerade Kinder und Jugendliche haben hier noch einmal besondere Probleme. Die Situation in der Pandemie, aber auch andere Krisen, wie z.B. der Entwicklung des Klimas, stellen besondere Herausforderungen dar. Insbesondere ist die Zuversicht ist bedroht, dass wir handlungsfähig bleiben können. Dies kann unter anderem die Erwartung schwächen, selbstwirksam zu sein. Damit verbunden sind Ängste, aber auch Traurigkeit und depressive Stimmungen können daraus entstehen.

Hier geht es um die Trauer darüber, Hunderte und Tausende Menschen durch das Virus verloren zu haben. Es geht um die Sorgen über die Sicherheit der Familie, Wut und Angst wegen der eigenen Hilflosigkeit. Dieser Stress fordert die mentale und physische Gesundheit. Sozial benachteiligte Kinder und deren Eltern sind davon besonders stark betroffen.

Wie können Erwachsene mit Kindern üben, etwas gegen bedrückende Stimmung zu unternehmen? Und dies ist verbunden mit der Frage, wie man widerstandsfähiger, also resilienter werden kann. 

Die Perspektive “Entwicklung”

Die neurologischen, emotionalen und sozialen Faktoren, die sich beim älter werden verändern, führen bei Kindern dazu, anders zu denken, anders zu fühlen und sich anders zu verhalten als Erwachsene. Daher müssen alle Angebote auf die jeweilige Altersstufe zugeschnitten werden.

Die Perspektive “Stärken und Energiequellen”

Natürlich gibt es unter dem Einfluss von ständigem Stress Defizite, Störungen und Erkrankungen. Wichtig ist aber, die Perspektive auf die schützenden und fördernden Faktoren zu richten. Dazu gehört es, die Stärken der Kinder ebenso in den Blick zu bekommen wie auch die Quellen ihres Alltags, aus denen sie Energie schöpfen.

Hier gibt es im folgenden einige Vorschläge, die unter anderem von der American Psychological Associationempfohlen werden.

1 Stärke die persönlichen Bindungen

Die Verbindung zu Freundinnen und Freunden aufrechtzuerhalten trotz der eingeschränkten Möglichkeiten ist sehr wichtig. Hier müssen Kinder unterstützt werden, um die technischen Möglichkeiten des direkten Austausches zu nutzen, wie z.B. Video-Treffen mit Freundinnen und  Freunden. Ebenso wichtig ist die Stärkung der familiären Bindungen, also die Bildung eines möglichst starken familiären Netzwerkes. Gegenseitige soziale Unterstützung ist einer der wichtigsten Faktoren, um Widerstandskraft aufzubauen.

2 Kindern helfen, anderen zu helfen

Kinder, die sich hilflos fühlen, bekommen wieder Kraft und Energie, wenn sie anderen helfen können. Unterstütze Kinder, altersgemäß eine Aufgabe in der Freiwilligenarbeit zu übernehmen. Oder bitte sie um Unterstützung und Hilfe für dich mit Aufgaben, die sie bewältigen können. In der Schule kann man überlegen, wie man andere Schülerinnen und Schüler unterstützen kann, sei es in der eigenen Klasse oder jüngere Kinder in den Stufen darunter. Das stärkt die Erfahrung von Selbstwirksamkeit.

3 Rituale und einfache Handlungen

Selbstwirksamkeit wird auch gestärkt durch Routinen und das Ausführen eingeübter Tätigkeiten. Das schafft Struktur, insbesondere auch für kleine Kinder. Natürlich muß dies zwar flexibel sein, aber Pläne, Zeiten und Abläufe sollten so weit wie möglich eingehalten werden. Das Anzünden und Ausblasen einer Kerze kann zu einem Ritual werden, weil ein besonderer Sinnzusammenhang damit verbunden ist. Ein Ritual kann kultureller Natur sein. Es kann aber auch religiöser Natur sein, wie z.B. Gebete zu bestimmten Anlässen und Tageszeiten.

4 Selbstfürsorge lehren

Erkläre dem Kind, wie wichtig grundlegende Selbstfürsorge ist. Das kann damit beginnen, die alltäglichen Dinge aufmerksam zu tun, wie z.B.  sich zu waschen, anzuziehen oder auch aufmerksam zu essen. Dazu gehört auch körperliche Bewegung, wie z.B. sportliche Übungen, aber auch das Achten auf genügend Schlaf. Wo immer es geht ist darauf zu achten, dass das Kind auch Zeit hat für Aktivitäten, die ihm Spaß machen und an denen es Freude hat. 

Es bleibt viel zu tun, auch in den augenblicklichen und zukünftigen Krisen. Informationskampagnen zur psychischen Gesundheit sollen über Beratungs- und sonstige Hilfsangebote aufklären und Zugangsmöglichkeiten zu solchen Angeboten, auch im Freizeitbereich aufzeigen. Die im Bildungs-, Sozial- und Gesundheitsbereich tätigen Personen sind im Hinblick auf die Prävention psychischer Belastungen und Erkrankungen spezifisch zu schulen. Eine der Empfehlungen des Ethikrates: “Es empfiehlt sich, die im Bildungs-, Sozial- und Gesundheitsbereich tätigen Personen, die kontinuierlich Alltagskontakte zu Kindern und Jugendlichen und jungen Erwachsenen haben, im Hinblick auf die Prävention psychischer Belastungen und Erkrankungen spezifisch zu schulen, damit sie entsprechende Problemlagen frühzeitig erkennen und die Betroffenen zu entsprechenden Unterstützungsangeboten weitervermitteln.”

In der App Compass8 gibt es einige Übungen, die Erwachsenen zusammen mit Kindern durchführen können.

Hilfreich sind zunächst Atemübungen.  Solche Übungen, auch wenn sie nur ganz kurz sind - etwa eine Minute - wie im Programm “Durchatmen”, helfen gegen Angst und reduzieren Stress.

Ebenso gibt es Übungen zur Wahrnehmung von Gefühlen. Das ist ganz wichtig, da Kinder zum einen aufmerksamer werden auf ihre Emotionen, zum anderen aber auch lernen, dass selbst negative Gefühle wie Angst oder Traurigkeit ok sind. Und auch wichtig: Wenn Kinder lernen, dass Gefühle kommen und gehen, werden sie von diesen nicht mehr so leicht überwältigt. Zusätzlich gibt es Übungen, um Ängstlichkeit und Traurigkeit zu reduzieren.

Einige Übungen können zu Ritualen werden, wie z.B. die geführten Meditationen zum Einschlafen. Es gibt auch Hinweise in den Informationen, wie Erwachsene und Kinder gemeinsam meditieren und üben.

Um Selbstfürsorge zu lernen, sind besonders die Übungen “Achtsamkeit im Alltag” geeignet. Unterstützt werden kann dies durch Übungen “Liebende Güte”, die auf andere Lebewesen, aber eben auch auf sich selbst gerichtet werden.

Weitere kurze Übungen und Anleitungen für Rituale sind in Vorbereitung und erscheinen mit dem nächsten Update.

Quellen

American Psychological Association Resilience guide for parents and teachers

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